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In diesem Beitrag informiere ich euch über unterschiedliche Montierungen für Teleskope und Montierung von Kameras. Warum wird eine Montierung benötigt, was sind die Vorteile und wie funktionieren diese?
Warum Nachführen? – Das Problem mit der Erddrehung
Bei der Astrofotografie stößt man sehr schnell an die Grenzen des Equipments. Aufnahmen der Milchstraße sind mit einer Standardausrüstung (Kamera, Stativ usw.) noch problemlos möglich, wie ich in meinem Bericht Die Milchstraße – Deep-Sky-Fotografie mit einfachen Mitteln bereits beschrieben habe. Bei Aufnahmen mit Weitwinkel und entsprechend hellen Objekten kann man alleine durch Stacking super Bilder erhalten.
Möchte man jedoch einen Schritt weitergehen und fremde Galaxien oder Nebel ablichten, wird das Thema etwas schwieriger. Im Beitrag Andromeda – Unsere Nachbargalaxie Fotografieren habe ich mich an der Andromeda-Galaxie versucht, die mit einem 200mm Objektiv bereits sehr schön zu fotografieren ist. Da unsere Nachbargalaxie aus 2,5 Millionen Lichtjahren Entfernung im Vergleich zu unseren Sternen der Milchstraße doch recht lichtschwach ist, sind entweder teure lichtstarke Objektive, lange Belichtungszeiten oder sehr hohe ISO-Werte notwendig. Das verwendete Objektiv (Nikon AF-S DX Nikkor 55-200 mm 1:4-5,6G ED VR II) hat bei 200mm Brennweite jedoch nur eine Offenblende von f/5,6. Die Kamera (Nikon D5100) besitzt einen recht hohen maximalen ISO-Wert, welcher mit Hi2 angegeben ist und einem Wert von 25600 entspricht. Klar, das Rauschen wir dann natürlich immens.
Trotz dieses hohen ISO-Wertes benötige ich eine entsprechend lange Belichtungszeit oder sehr sehr viele Flatframes, um ein schönes helles und nicht verrauschtes Bild von Andromeda zu erhalten. Viele RAW-Aufnahmen belasten natürlich schnell den Speicher, denn hier sammeln sich ohne Probleme mehrere Gigabyte an Datenmaterial an, was dann auf der Speicherkarte und der Festplatte gespeichert werden will. Auch das Stacking dauert dann natürlich entsprechend länger. Also möchte ich gerne die Belichtungszeit erhöhen, doch bereits bei 5 Sekunden zeigen sich deutliche Sternspuren durch die Erddrehung.
Um nun längere Belichtungszeiten realisieren zu können, muss die Kamera praktisch trotz der Erddrehung immer auf das gleiche Objekt am Himmel ausgerichtet sein. Die Erde soll sich also unter der Kamera hinwegdrehen, ohne dass diese dadurch beeinflusst wird. Ohne Nachführung entstehen bei Langzeitbelichtungen die typischen Sternspurenbilder. Am Ende des Beitrags findet ihr ein Vergleichsbild mit und ohne Kameranachführung.
Es gibt viele verschiedene Arten, ein Teleskop oder eine Kamera zu montieren und nachzuführen. Ich habe mich in den letzten Tagen und Wochen sehr intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt und mir verschiedene Möglichkeiten und Techniken angeschaut. Meine wichtigsten Erkenntnisse und Ergebnisse aus der teils sehr langwierigen Internetrecherche und Gesprächen mit Fachleuten in Teleskopläden möchte ich euch selbstverständlich nicht vorenthalten. Daher nun ein grober Überblick über die bei Teleskopen gebräuchlichsten Montierungen und deren eventueller Nutzen bei Astrofotografie. Anschließend zeige ich euch verschiedene Lösungen, die speziell für die Fotografie entwickelt wurden und auch zur Mitnahme im Koffer auf Flugreisen geeignet sind. Wichtig sind daher neben den Kosten natürlich eine einfache Bedienung, Stabilität, Größe und Gewicht. Hier hat selbstverständlich jeder von uns ganz persönliche Prioritäten, Anforderungen und Vorlieben.
Lösungen bei Teleskopen
Azimutale Montierung
Sicher kennt ihr normale Stative. Diese kann man mit einer Achse parallel zum Horizont verstellen (Azimut) und auf einer zweiten Achse kann man den Höhenwinkel der Kamera einstellen (Elevation). Die Variante gibt es auch für Teleskope und nennt sich Azimutale Montierung. Sie sind recht günstig herzustellen und einfach anzuwenden. Es gibt verschiedene Lösungen, die die Erddrehung automatisch ausgleichen. Der Nachteil hierbei ist, dass immer in beiden Achsen gleichzeitig verstellt werden muss und sich das Objekt im Bildfeld dreht (pro Tag einmal um sich selbst). Daher sind diese Montierungen für Langzeitbelichtungen von Deep-Sky-Objekten eigentlich nicht zu empfehlen.
Parallaktische oder Äquatoriale Montierung
Da sich die Erde nur um eine Achse dreht, nämlich um die Polachse, liegt die Lösung nahe, eine Montierung zu bauen, bei der eine Achse entlang der Polachse ausgerichtet ist. Zum Ausgleich der Erddrehung muss ich mein Teleskop oder die Kamera dann nur noch um diese Achse drehen. Und zwar genau einmal pro 24 Stunden, wenn man die Sonne beobachten will. Da sich die Erde jedoch zusätzlich auch noch einmal pro Jahr um die Sonne dreht, dauert ein sogenannter Siderischer Tag nur 23 Stunden, 56 Minuten, 4,099 Sekunden. Das ist die Zeit, in der sich die Erde unter dem als fix angenommenen Sternenhimmel bewegt. Diese Zeit ist also ausschlaggebend für die Beobachtung von Deep-Sky-Objekten.
Die „Polachse“ nennt sich Rektaszensions- oder Stundenachse. Um den ganzen Himmel beobachten zu können, wird eine zweite Achse im rechten Winkel dazu benötigt, sie nennt sich Deklinationsachse. Mit Hilfe dieser beiden Achsen können alle Objekte am Himmel aufgefunden werden, deren Koordinaten in Stunden auf der Rektaszensionsachse und in Grad auf der Deklinationsachse angegeben werden.
Um die Rektaszensionsachse nun auf den Himmelspol bzw. entlang der Erdachse auszurichten, werden wiederum zwei Achsen benötigt. Dies sind eine Azimutachse und eine zweite Achse zum Einstellen der Polhöhe. Auf der Azimutachse wird die Montierung nach Norden ausgerichtet, mit der Polhöhe wird der Breitengrad eingestellt, auf welchem man sich befindet. Dies geschieht am einfachsten durch Anvisieren des Polarsterns durch sogenannte Polsucherfernrohre.
Diese Montierung nennt sich Deutsche Montierung und ist sehr häufig bei Teleskopen anzutreffen. Sie ist in der Herstellung aufgrund der Komplexität deutlich teurer als Azimutale Montierungen, jedoch zur professionellen Beobachtung oder Astrofotografie geeignet, da zum Ausgleich der Erddrehung nur in einer Achse (Rektaszensions- oder Stundenachse) nachgeführt werden muss. Ein weiterer Vorteil ist, dass sich die Objekte nicht in Bild drehen. Die Ausrichtung im Bildfeld bleibt also immer erhalten. Das Gewicht des Teleskops oder der Kamera muss allerdings mit einem Gegengewicht austariert werden, da diese in der Regel an einem Arm etwas abseits der Mechanik aufgehängt werden.
Montierungen für Kameras
Polarie von Vixen – Star Tracker für Reisen
Wer nach einer Nachführung für Kameras sucht, wird vermutlich sehr schnell auf die Polarie von Vixen stoßen, welche ich nicht getestet habe. Hierbei handelt es sich um ein kleines Gerät mit einer Drehachse, welche die Erddrehung ausgleicht. Um die Polarie zu betreiben benötigt man folgendes Zubehör:
Ein Stativ mit Kopf, am besten ein Kugelkopf oder das passende Zubehör direkt von Vixen. Auf diesem wird die Polarie befestigt und per Guckloch auf den Polarstern ausgerichtet, der sich fast genau auf dem Himmelspol befindet. Wer es genauer haben möchte, kauft sich den zugehörigen Kompass und Polsucher sowie eine Beleuchtung für diesen, um die Skalen auch nachts ablesen zu können. Dies ist allerdings nicht gerade günstig, zumal das passende Zubehör in vielen Bewertungen als überflüssig und unnötig beurteilt wird. Ein zweiter Kugelkopf wird dann benötigt, um die Kamera auf der Polarie zu befestigen. Insgesamt kommt man damit schon fast auf den Preis einer ordentlichen nachgeführten Parallaktischen Montierung für Teleskope. Diese sind jedoch schwer und sperrig und daher nur bedingt für unterwegs geeignet. Dafür aber stabiler und genauer.
Einen ausführlichen Erfahrungsbericht zur Polarie bietet euch z.B. auch der Blog von Gunter Wegner. Bilder von der Polarie findet ihr ebenfalls auf diesem Blog oder sonst überall im Internet.
Star Adventurer von Sky-Watcher
Eine zweite Alternative bietet der Star Adventurer von Sky-Watcher. Er ist etwas größer und schwerer als die Polarie, dafür kostet aber ein komplettes Set mit Polsucher mit Beleuchtung, Polhöhenwiege, Deklinationsachse, Gegengewicht und Befestigungsplatte für die Kamera fast das Gleiche wie die Polarie alleine, ohne Zubehör. Als zusätzliches Zubehör benötigt man ein Stativ. Ein Kugelkopf ist ebenfalls zu empfehlen, hier kann der abnehmbare Kugelkopf des Stativs genutzt werden. Der Star Adventurer bietet unterschiedliche Geschwindigkeiten zur Sonnenbeobachtung, für Sterne, den Mond, Timelapse-Aufnahmen und vieles mehr. Außerdem kann ein Auslösekabel für die Kamera direkt angeschlossen werden. Strom erhält er über vier AA-Batterien oder per Mini-B-USB-Kabel und z.B. eine Powerbank.
Die Polhöhenwiege wird auf das 3/8″-Gewinde des Stativs geschraubt, aber auch ein Adapter für 1/4″-Gewinde liegt dem Star Adventurer bei. Dafür sollte das Stativ einen abnehmbaren Kopf haben, was aber nicht zwingend erforderlich ist. Mit der Polhöhenwiege lässt sich der Star Adventurer genau auf den Himmelspol ausrichten. Hierfür wird der Star Adventurer mit dem Schwalbenschwanz auf der Polhöhenwiege befestigt. Im Star Adventurer ist ein Polsucherfernrohr fest eingebaut, mit welchem man die Achse durch Anvisieren des Polarsterns genau ausrichten kann.
Nun hat man die Möglichkeit die Kamera per Kugelkopf und mitgelieferter Adapterplatte direkt auf der Achse des Star Adventurer zu befestigen oder man geht den Weg über die mitgelieferte Deklinationsachse, an welcher auch kleine Teleskope montiert werden können. Bei dieser Montageart muss man das Gewicht der Kamera oder des Teleskops allerdings mit dem mitgelieferten Gegengewicht ausgleichen. Hier kann die Kamera direkt ohne Kugelkopf montiert werden. Wer möchte kann aber auch hier den Kugelkopf zusätzlich nutzen. Je mehr Teile und Gewicht man allerdings anbaut, desto instabiler wird die gesamte Konstruktion selbstverständlich und es kommt z.B. durch das Auslösen des Spiegels oder durch Wind schneller zu Verwacklungen im Bild.
Die Vorteile des Star Adventurer sind der im Vergleich zur Polarie deutlich attraktivere Preis für ein Komplettset. Er ist zwar etwas größer und schwerer als die Polarie aber dennoch absolut reisetauglich im Vergleich zu herkömmlichen nachgeführten Teleskopmontierungen. Aus diesem Grund habe ich mich für den Star Adventurer von Sky-Watcher entschieden. Einen ausführlichen Bericht über den Star Adventurer findet ihr hier.
Teleskopmontierungen
Eine dritte Alternative sind die herkömmlichen Teleskopmontierungen. Nachgeführte kleine Parallaktische Montierungen sind bereits für ähnliche Preise wie die Polarie oder der Star Adventurer zu bekommen (z.B. Sky-Watcher EQ3-Montierung mit Schrittmotor-Nachrüstung). Diese sind allerdings sperrig und schwer und daher nur bedingt für den Einsatz unterwegs oder auf Flugreisen zu gebrauchen. Vorteile liegen auf jeden Fall in der deutlich höheren Stabilität im Vergleich zu den beiden anderen Lösungen. Das Stativ ist normalerweise bereits enthalten, während man sich für die Polarie oder den Star Adventurer ein stabiles Stativ zulegen muss. Oft ist aber ja bereits für die Kamera eins vorhanden.
Vergleichsaufnahme der Andromeda-Galaxie mit und ohne Kameranachführung
Hier ist eine erste Probeaufnahme der Andromeda-Galaxie mit nachgeführter Kamera auf dem Star Adventurer im Vergleich zu meinen ersten Aufnahmen ohne Kameranachführung. Die Aufnahme entstand in direkter Nähe eines Ortes und auch Karlsruhe ist nur wenige Kilometer entfernt. Die Lichtverschmutzung war also deutlich wahrnehmbar. Zusätzlich war ein wenig Dunst in der Luft. Die Aufnahmen sind lediglich mit Deep-Sky-Stacker gestackt und mittels Lightroom entwickelt. Mehr Infos über Fotografie der Andromeda-Galaxie gibt es in diesem Beitrag.
Siehe auch:
- Die Milchstraße – Deep-Sky-Fotografie mit einfachen Mitteln
- Milchstraßenfotografie im Schwarzwald – der Hohlohturm bei Kaltenbronn
- Andromeda – Unsere Nachbargalaxie fotografieren
- Tutorial zum Star Adventurer von Sky-Watcher – Teil 1 – Nutzen und Ausstattung
- Tutorial zum Star Adventurer von Sky-Watcher – Teil 2 – Ausrichtung
2 Gedanken zu “Astrofotografie – das Problem mit der Erddrehung und Lösungsmöglichkeiten”
Grüße euch, eine sehr Informative Seite habe sie durch Googgel entdeckt. Sehr einfach und verständlich erklärt und sehr nützliche Tipps!
Viel Dank dafür, Nette Grüße aus Salzburg
Hey, vielen Dank, freut uns. Liebe Grüße ins schöne Österreich.